Dieser Text muss unter Leute die ihn verstehen !
Wir möchten keinen persönlich damit angreifen
bzw. ein Bild schaffen das so nicht wahr ist.
Wann is endlich
wieder Kirmes !!! ???
Einmal im Jahr is in jedem Dorf der
Ausnahmezustand.
Diese Orgie heißt dann Kirmes, Kerb, Fastnacht,
Feuerwehr-, Schützen-, oder Sängerfest oder meinetwegen Hühnerwämserball,
is vollkommen egal, weil is
alles dasselbe.
Dann wird nen Zelt
aufgebaut irgendwo und mindestens drei Tage getestet wieviel
Ballerbrühe die alte Karkasse noch aufsaugen kann.
Das alles fängt meist schon Tage vorher an;
aufbauen, schmücken, mit Kränzeflechten, Birkenbraken anne
Verkehrsschilder nageln oder weiß der Henker:
Hauptsache mitm Trecker rumnageln und ne Kiste Bier
dabei. Während die Männer in der
Wildnis das gefährliche Tannengrün erlegen,
sitzen die Weibchen im Kreis und
basteln daraus meterlange Kränze oder dekorieren
des Zelt.
So wird die traditionelle Rollenteilung
gefestigt und keiner kommt auf dumme Gedanken.
Die Sitte des Kränzchens is
uralt.
Früher kamen uffer
Kirmes immer wieder mal mehrere Leute zu Tode:
Kaputtgesoffen, anner Theke totgetrampelt oder
anner achten Bratwurst erstickt.
Ja und weil das ganze Dorf nachn Zeltfest zu
tattrig war, um nen Kranz für die
Beerdigungen zu flechten wurden die vorher auf
Vorrat fertiggemacht.
Mußte man Montag dann bloß noch auf Ende
schneiden das Gestrüpp,
Papierblume dran und ab nachn Friedhof. Heute
gibs ja kaum noch Tote bei Zeltfesten,
nich mal mehr Schlägereien... Die warn ja früher der Höhepunkt.
Die Schlägerei ist die Form, in der der Mann vom
Lande einem anderem sagt,
daß er ihn lieb hat.
Und nach der Massenschlägerei in der Sektbar
waren alle Männer Blutsbrüder
- das waren noch Zeiten -
Doch die soziale Kälte is
auch aufm Dorf zu spüren:
Keiner haut mehr dem anderen einfach so einen in
die Fresse.
Ein heimlicher Höhepunkt beim Zeltfest ist der spontane
Geschlechtsverkehr
an der Rückwand vom Festzelt.
Wenn die Kerle zum Pissen irgendwo ins Gebüsch
verschwinden,
erinnern sie sich plötzlich, daß sie nich bloß
ein Loch
im Kopp haben, wo man Bier reinschütten kann,
sondern daß es zwischen den
Beinen auch wieder raus kann.
Und mit dieser verkümmerten Restexistenz hatten
sie früher doch auch immer viel Spaß.
Und jetzt schlägt die erotische Phantasie
gnadenlos zu:
Sex ohne sich groß ausziehen zu müssen, is das
allergrößte.
Hose is eh noch auf
vom Pissen, quasi die halbe Miete.
Jetzt fehlt bloß noch die Gelegenheit…
Doch da siehts dann
finster aus:
Die Anzahl der willigen Tanten, die teilentblößt
an der Zeltwand lehnen,
hält sich doch in Grenzen oder die Alten hat
schon jeder jehabt,
also blöd zum rumerzählen.
Und so laufen Dutzende von halbbesoffenen Typen
mit offener Buchse hinterm Zelt rum und verstehen die Welt nich mehr.
Müsst Ihr mal drauf achten, so ab 23 Uhr etwa
geht's los:
Dann schleichen hier überall die Männer durchs
Unterholz.
Offiziell wollen sie natürlich nur zehn Liter Gerstenaufguß nach draußen bringen,
in Wahrheit sind sie auf Suche nach erotischen
Abenteuern.
Es gibt auch Männer, die gehen zum Pinkeln in
den Toilettenwagen,
die haben die Hoffnung schon aufgegeben, daß da
draußen in der Wildnis noch irgendwas zu löten wäre.
Aber auch bei den andern sieht die Realität nich
besser aus:
Nach dem Strullen
kommen sie total gefrustet wieder zurück ins Zelt.
Früher entlud sich dann der Frust in einer
homoerotischen Ersatzbefriedigung:
Der Massenschlägerei.
Haben wir schon gesehen: Gibs heute kaum noch.
Was bleibt also:
Das EINE: Körper stillegen durch Alkoholzufuhr.
Das hört sich einfach an, isses
aber nich, weil beim Zeltsaufen
gibt es festgelegte Rituale, die man unbedingt beachtet
muß:
1.
Ein Bier bestellen geht gar nich.
Damit sagt man, daß man ne knickrige Sau is,
keine Freunde hat oder
Antialkoholiker, quasi das allerletzte.
2.
Also immer mindestens zehn Stück, einen Meter,
n’ Körbchen oder ein ganzes Tablett.
Nie vorher abzählen, wieviel Leute um einen
herumstehen und dann genau die Anzahl bestellen.
Am besten irgendeine Zahl über die Theke grölen
und ab dafür.
3.
Ganz falsch: Die Umstehenden fragen, ob sie
überhaupt noch ein Bier haben wollen.
Wichtige Regel:
Gefragt wird nich. Saufen ist schließlich kein
Spaß.
4.
Wenn der Stoff da is, nich blöd rumgucken und
überlegen,
wem man denn eins in die
Hand drücken soll.
Am besten die Gläser wild in der Umgebung
verteilen, denn nur so zeigt man seine Großzügigkeit.
Nur der kleinkarierte
Pisser stellt sich da an.
5.
Wer zahlt wann welche Runde?
In der Regel kommt jeder der Reihe nach dran.
Ganz miese Wichser saufen die ersten neun Runden
an der
Theke mit und wenn sie an der Reihe wären,
müssen sie plötzlich pissen.
Der erste
Besteller übernimmt Verantwortung,
denn er bestimmt meist die Dauer des Projekts:
Wenn er zwölf Bier bestellt, müssen alle solange
warten, bis zwölf Runden durch sind.
Wichtig ist, daß der Strom nie abreißt.
Also wenn alle noch die Hälfte im Glas haben,
sofort die nächste Runde ordern und das neue
Glas in die Hand drücken.
Was voll peinlich ist: Mit zwei Gläsern in der
Hand an der Theke stehen,
deshalb is Tempo
angesagt beim reinschütten,
is schließlich kein Kindergeburtstag.
6.
Richtig fiese Schweine bestellen zwischendurch
noch ne Runde Korn
oder die absolute Hölle: "Alt
Fränkischer", eine Art braunes Schlangengift,
dass mit dem Eiter von toten Fröschen verfeinert
wurde.
Hier wird's ernst.
Sollte sich sowas andeuten, kann man bloß noch
die Flucht ergreifen. Merke:
Biersaufen kann man überleben aufm Zeltfest, mit
etwas Planung und Glück;
nach Alt Fränkischem
weigert sich sogar der Notarzt, diese Schweinerei wiederzubeleben.
7.
Konsequent durchgezogen, bist Du normalerweise
aufm Zeltfest um halb
neun stramm wie die Kesselflicker.
Geht natürlich nich,
weil Du kannst ja noch nich
Hause, wegen Verdacht auf Weichei und so.
Was also dann?
Pausen machen!
Dafür sind in der Regel zwei Sachen vorgesehen:
Bratwurstfressen und Tanzen.
Erstens: Bratwurstfressen
Vorteil: an der Bude gibs kein Alt Fränkischen,
da bist Du also ne zeitlang sicher vor der
Alkoholvergiftung durch andere.
Nu sind die Bratwurststände auf Zeltfesten immer
so konzipiert, daß die Nachfrage
immer größer ist als das Angebot. In der Bude
arbeiten dann auch meistens
junge, innovative, gutaussehende Fachkräfte,
denen man beim
Grillen ohne weiteres die Schuhe besohlen kann.
Einzige Qualifikation:
Sie können mit einem Sauerstoffanteil in der
Luft von unter 1% überleben,
deswegen wirken sie auch so scheintot.
Nu sagt der Laie: Watn Scheiß, das könnte man
doch viel besser organisieren: Zackzack kämen
die Riemen übern Tresen.
Aber falsch:
Die mickrigen Bratwurstbuden mit den Untoten am
Grill
stehen da nich aus Versehen, sondern
absichtlich.
Hier kann man Asyl beantragen von
der Sauferei und je länger man auf den
verkohlten Prengel warten muß,
desto größer die Überlebenschancen während den
gesamten Feierlichkeiten.
Zweitens: Tanzen
Im Vergleich zu Bratwurstfressen natürlich die
schlechtere Wahl, weil
anstrengend und mit Frauen.
Aber irgendwann geht halt kein Riemen mehr rein
in den Pansen und Du mußt in den sauren Apfel
beißen. Also zack, einen
Rochen von den Bänken gerissen und irgendwie
bescheuerte Bewegungen machen.
Wenn Du Glück hast, spielt die Kapelle mehr als
zwei Stücke und Du
kannst Dir ein paar Bier ausse Rippen schwitzen.
Hast Du Pech, kommt sofort
nachm ersten Stück der Thekenmarsch oder
"Ein Prosit der Gemütlichkeit",
und Du stehst wieder da, von wo Du gerade
geflohen bist.
Weiterer Verlauf des Abends: Sektbar
Eine richtig gruselige Bude, quasi die
Abferkelbox im Festzelt.
Hier isses so voll und
eng, hier bleibst Du auch noch stehen, wenns eigentlich
nich mehr geht. Es soll schon Kriegsverletzte
gegeben haben, denen hat man
in der Sektbar beide Beinprothesen geklaut und
sie habens nich gemerkt.
Doch der Preis, den Du für die Stehhilfe zahlst
is hoch:
Du mußt Sekt saufen
aus so mickrigen Blumenvasen, die man von der Spermaprobe
beim Urologen kennt.
Ziemlich eklig alles. Wenns keine Sektbar gibt,
gibst meist ne
Cocktailbar:
Cocktail heißt im Zelt aber nich Caipirinha oder
Margerita sondern
Fanta/Korn oder Korn mit Fanta. Also vorsichtig.
Hier kanns ganz
schnell zu ende gehen.
Eine Alternative für den ganzen schnellen Weg
ins
Nirwana is noch der hessische Zaubertrank:
„Schwarze“. Vom
Preis-Leistungs-Verhältnis her immer noch ne
reelle Sache: So besäuft
sich der kritische Verbraucher und hat es ruckzuck
geschafft. Doch bevor Du
nach Hause darfst, kommt noch ein ganz wichtiger
Punkt, nämlich...
Kotzen
Klingt scheiße, is aber garnich so.
Du wirst dankbar sein, wenn dein Körper dir
dieses Geschenk bereitet.
Du hast Platz für neue Schoppen und Bratwürste
und vielleicht sogar Glück, daß Du die letzten zwanzig Bier noch
erwischt, bevor sie Dein Gehirn erreicht haben.
Der Profi jedenfalls kotzt
oft und gern - sagt man.
So jetzt wären wir auch schon bald beim
Nachhause gehen. Haha. Wenn Du
aber den Zeitpunkt verpaßt hast, und Du kommst
vom Pissen oder
Bratwurstkotzen wieder ins Zelt und es sind bloß
noch zwanzig Mann übrig.
Ätsch: Arschkarte gezogen. Denn jetzt heißt es:
Die Letzten!!!
Ab jetzt geht es um so spannende Sachen wie
Faßaussaufen - denk dran:
Es is immer mehr drin, als Du denkst... Oder
Absacker trinken, wenns ein
Alt Fränkischer ist kannst Du Dir gleich den
Umweg über den Notarzt sparen und den
Bestatter anrufen.
Vorsicht: Jeder passt jetzt auf, daß keiner
heimlich abhaut,
denn die, die wirklich am nächsten Tag was
wichtiges Vorhaben, sind
schon lange nach Hause.
Die Ersten sacken einfach so vor der Theke
zusammen,
damit sie jedenfalls nich noch mehr saufen
müssen. Vorteil dieser Phase des Zeltfestes:
Du mußt nich mehr extra mehr nach draußen
latschen fürs Pissen und Kotzen:
Geht jetzt alles vor Ort, juckt keine Sau mehr.
Nun: Nach
Hause
Fällt aus. Mach Dir keine Illusionen: Alleine
schaffst Du’s eh nich mehr,
Taxis gibst nich aufm Land, und wenn, würden sie
Dich nich mitnehmen. Deine
Frau kommt nich, um Dich zu holen, die is froh,
daß dieses Wrack nich inner
Wohnung liegt und der Gestank in die Möbel
zieht. Was bleibt is..
Der Morgen
danach
Die ersten Sonnenstrahlen brechen durch die
Ritzen in der Zeltfestplane.
Du wirst wach von einem Zungenkuß, wie Du ihn
noch nie in Deinem Leben
gekriegt hast. Leidenschaftlich küßt Du zurück.
Dann machst Du Deine verklebten
Augen auf und blickst in das fröhliche Gesicht
des zottigen Köters von den
Karusselbremsern - und Du freust Dich:
Gleich küsst Du wieder nen
Kumpel, die Homoerotik auf solchen Veranstaltungen wird, wie gesagt,
extrem grossgeschrieben. Und mit einem eigenen
Beitrag zum Thema
Würfelhusten fängt der Tag wieder an. Dein Kopf
fühlt sich an wie nach einem Steckschuß.
Jetzt hilft nur noch:
Stützbier rein bis die Maschine wieder halbwegs
normal läuft und ab nach Hause...oder abbauen.
Seid froh, dass die Kirmessaison vorbei ist, wir
alle hier können
stolz und fröhlich sein, denn wieder einmal
haben wir es überlebt.
Bis zum nächsten Jahr
Munter bleiben !